Unser Import des Weizensauerteigbrots von „Nelson The Seagull“ nach Aschaffenburg war ein Projekt über mehrere Monate. In der Kürze: Meine bessere Hälfte ist Flugbegleiterin, kommt viel rum in der Welt und schlemmt mindestens genauso gerne wie ich. So hat sie dann auch in Vancouver das Restaurant „Nelson The Seagull“ entdeckt, dort das hauseigene Brot mit einem pochiertem Ei drauf gekostet und für sehr gut befunden. Das hier ist gemeint:
Ab hier wäre die Geschichte eigentlich zu Ende, und Ulla würde einfach ein-, zweimal im Jahr von dort ein Brot mitbringen, wenn es nicht auch noch ein Kochbuch gäbe aus der Gegend, „The Gastown Foodie“, in welchem sich tatsächlich auch das Rezept findet.
Da war nun mein Ehrgeiz geweckt. Der erste Schritt war, das Buch zu besorgen. Das hört sich einfach an, war aber dann doch knifflig, weil man es nur beim Verlag selbst bekommt und dieser wiederum nur nach Kanada und USA liefert. Nach einigem Bitten und Betteln hat er dann aber doch das Buch nach Deutschland geliefert, heureka!
Das Rezept war dann aber etwas ernüchternd. Es geht über sechs Seiten und setzt viel Back-Knowhow voraus. Ich kann aber überhaupt nicht backen, ich kann noch nicht mal Muffins. :.-(
Was tun? Ein Profi musste her! Glücklicherweise haben wir hier in Aschaffenburg die wunderbare Eva Wissel, die sich tatsächlich der Sache angenommen hat und uns nun eine Auflage von fünf Broten gebacken hat (danke, Eva!). KÖSTLICH!
Wer keine Eva hat und es doch mal selbst wagen will, der findet unten das Rezept. Aber seid gewarnt, es ist wirklich aufwändig. Die Zutaten sind schlicht Mehl, Wasser und Salz, aber die Zubereitung hat es in sich. Nicht nur muss man Tage oder Wochen zuvor den Sauerteigstarter ansetzen (was auch gerne mal misslingt). Nein, auch am Backtag braucht das Brot viel Zuwendung. Eva hat gemeint, sie war rund sieben Stunden immer mal wieder mit dem Teig zugange. Die langen Ruhezeiten und das wiederholte Bewegen des Teigs sind aber wohl auch das Geheimnis dieses Brotes. Nur so entstehen die krosse Kruste, die großen Poren und der ungewöhnlich reife und gute Geschmack.
Im „Nelson The Seagull“ wird es leicht angetoastet, dann kommen wahlweise Avocadoscheiben drauf und dann ein pochiertes Ei. Yum!
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Sauerteigbrot
Zutaten
Sauerteigansatz
- 100 g (Bio)-Weizenvollkornmehl (Wholegrain Flour)
- 100 ml Wasser
Sauerteigbrot
- 200 g Sauerteigansatz
- 650 ml Wasser
- 800 g Weißes Weizenmehl (White Flour)
- 200 g Weizenvollkornmehl (Wholegrain Flour)
- 25 g Salz
Zubereitung
- 1.) 100g Vollkornmehl und 100 ml Wasser in einem Einmachglas ohne Deckel (oder locker aufgelegtem Deckel) zu einem dicken Teig vermischen. Mit Handtuch bedecken, 2–3 Tage an einen Platz mit konstanter Temperatur stellen (keine Sonne). Check: starker Käsegeruch? Starker Blasenwurf? Wenn nicht: dann noch etwas stehen lassen. Der Käsegeruch sollte stark sein, aber nicht unangenehm. Wenn es ranzig riecht oder wenn man Schimmel riecht oder sieht, fängt man von vorne an.2.) Kruste auf dem Ansatz, zusammen mit rund 80 % vom Ansatz entfernen und wegwerfen.3.) Ansatz füttern. Dazu 120 ml Wasser und 120 g Vollkornmehl einrühren. Schritt 2+3 alle 24 h wiederholen, am besten immer zur gleichen Tageszeit, so lange, bis der Ansatz gleichmäßig Blasen wirft und eine helle Textur hat.Für kleine Mengen, wenige Laibe pro Woche oder Monat, bewahrt man den Ansatz im Einmachglas im Kühlschrank auf (mit dem Deckel drauf) und füttert ihn 1x die Woche. Beim Füttern sollte man immer mindestens ein Viertel des Ansatzes zurückhalten (als neuen Ansatz) und mit dem Rest backen oder auch notfalls den Rest wegwerfen.Das Füttern: Jede Woche muss man den Ansatz aus dem Kühlschrank nehmen, auf Raumtemperatur bringen. Dann Schritt 2+3, dann füttert man den Ansatz mit 1 Teil Wasser und 1 Teil Mehl auf 1 Teil Ansatz (Teile mit gleichem Gewicht, nicht Volumen). Mischen, bedecken, bei Raumtemperatur stehen lassen für einige Stunden, bis es blubbert und Leben zeigt. Dann macht man den Deckel wieder drauf und stellt das Glas zurück in den Kühlschrank. Das SauerteigbrotAlle Zutaten bis auf das Salz in großer Schüssel mit der Hand mischen, bis geschmeidig. Schüssel mit Handtuch bedecken, Teig mind. 30 min. ruhen lassen. Dann Salz dazu. Dazu Mischen und Kneten, bis keine Salzkörnchen mehr spürbar sind. Jetzt soll der Teig 3 h fermentieren, idealerweise in einem durchsichtigen Behältnis, damit man Wachstum und Blasenwurf beobachten kann.Während der 3 h: 1x die Stunde den Teig einmal zusammenfalten. Nach dem dritten Falten sollte der Teig sehr elastisch sein und sollte sich leicht anfühlen. Nochmals 30 min warten nach dem letzten Zusammenfalten. Dann den Teig entnehmen und auf eine saubere, unbemehlte Holzfläche geben. Das Brot in Form bringen. Dazu Teig in zwei Teile schneiden. Falten, kneten, falten. Dann Teigkugel 30 min ruhen lassen. Abschließend den in Brotform gebrachten Teig noch einmal 3–4 h bei Raumtemperatur gehen lassen. Die zwei Brote backenOfen vorheizen auf die höchstmögliche Temperatur (oft 260° C). Großes Gefäß (großer, hitzefester Topf) mit Deckel im Ofen vorheizen. Gefäß entnehmen, Sauerteigkugel hineingeben, so, dass die Faltnaht unten ist. Brotlaib oben längs einschneiden. Deckel auf das Gefäß setzen, zurück in den Ofen, 15 min backen. Temperatur auf 200°C senken und Deckel entfernen, damit der Dampf austreten kann. Brot weitere 30 min oder länger backen, bis wie gewünscht dunkelbraungolden. Genauso mit dem zweiten Laib verfahren. Dann gebackene Laibe für mindestens 2 h ruhen lassen.
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