Hallo Ihr Lieben, Ihr wollt einmal Pizza wie die alten Römer backen? Nicht mit Industriehefe, sondern mit selbst angesetztem Sauerteig? Dann seid Ihr hier richtig!
Chad Robertson schreibt in seinem Buch „Tartine Bread“ (frei übersetzt): „Wer vom Brotbacken guten Sauerteig über hat, der hat auch ruckzuck eine geniale Pizza am Start“. Das hat mich nachdenklich gemacht. Alle meine Brotexperimente sind letzten Endes mit dem Übergang von der Industriehefe zum Sauerteig viel besser geworden. Die Brote wurden damit länger haltbar, geschmackvoller und bekömmlicher. Wenn das nun auch für Pizza gälte…?
Das Experiment habe ich dann aber relativ lange rausgeschoben, weil Pizza nicht gleich Brot ist und weil ich mittlerweile weiß, dass nicht alles auf Sauerteigbasis sofort gelingt.
Der Starter
Ich füttere meinen Sauerteig aktuell mit Bio-Weizenvollkornmehl. Er liebt es und ich liebe es, wenn er nach der Fütterung so richtig schön hochgeht. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Backwerke mit diesem Starter besonders gut schmecken, denn ein kleiner Vollkornanteil macht Gebackenes einfach nussiger und runder.
Wenn Ihr jeden Tag Brot backt, könnt Ihr den Starter schlicht im Raum lassen, denn er wird dann sowieso täglich aufgefrischt. Wenn Ihr aber wie ich nur einmal die Woche backt, dann gebt ihn in den Pausen in den Kühlschrank, nehmt ihn am Vortag raus und füttert ihn erstmal. Hier findet Ihr noch ein paar andere Kniffe rund um den Sauerteig.
Der Leaven
Das Sauerteig-Pizzarezept basiert wie schon das Rezept für Tartine Bread auf einem Vorteig oder englisch Leaven. Glücklicherweise braucht man davon aber nur rund 80g, und so kann ein großzügig frisch gefütterter Sauerteig auch direkt als Leaven dienen.
Achtet aber darauf, vorher etwas abzuzweigen, sonst habt Ihr keinen Starter mehr. Und nehmt den Sauerteig oder Leaven erst dann zum Backen her, wenn er sich nach der Fütterung im Warmen tatsächlich verdoppelt hat, also topfit ist. Wenn er noch etwas schlapp ist, dann füttert ihn nochmal.
Der Teig
Der Teig gleicht in weiten Teilen dem Tartine Bread. Es gibt nur zwei kleine Unterschiede: Zum einen habe ich zur Sicherheit noch einen Schuss Weizenkleber hinzugefügt, weil ich ein neues „00“-Mehl getestet habe. Zum anderen habe ich die Hydration von 75% auf 65% reduziert. Die verringerte Hydration hat den Grund, dass Sauerteig mit Vollkornanteil nicht so stabil ist, wie klassischer Hefeteig. Das Formen eines Brotlaibs ist auch mit sehr feuchten Teigen noch möglich. Das Ziehen einer Pizza ist aber eine andere Liga.
Beim Pizzabacken hat sich der 65%-ige Teig perfekt angefühlt und im Ofen ist er richtig schön hochgegangen (siehe Video). Die Hydration passt daher in meinen Augen gut.
Lessons Learned
Das Pizzasauerteigexperiment war direkt ein voller Erfolg. Das war aber nicht nur Glück, denn davor habe ich auch viel experimentiert in den letzten Wochen. Wenn Ihr einmal in die vorangegangenen Schritte reinschnuppern möchtet, dann empfehle ich Euch:
- den Artikel zu den Bäckerprozenten,
- das Rezept für Tartine Bread,
- die Sauerteig-FAQ,
- und den Artikel zu zusätzlichem Gluten im Teig.
Die Galerie
In der Galerie seht Ihr die verwendeten Produkte und die einzelnen Schritte.
–– www.soulfoodie.de , Juni 2024
Pizza Napoletana mit Sauerteig
Zutaten
- 39 g Weizenvollkornmehl, bspw. die Rewe-Bio-Hausmarke
- 39 g Wasser für den Vorteig
- 1 EL einsatzbereiter Sauerteig auf Weizenmehlbasis
- 240 g Wasser
- 9 g feines Salz
- 385 g Weizenmehl "00"
- 15 g Weizengleber (Gluten)
Zubereitung
- Vorbemerkung: Wenn der Sauerteig lange im Kühlschrank war, sollte man ihn zuvor stärken, also 1–2-mal füttern. Er ist dann einsatzbereit, wenn er sich immer nach dem Füttern in wenigen Stunden im Volumen verdoppelt. Er muss dazu leicht warm stehen, bspw. auf einer Vogeltränkenheizung.
- Mit 39 g Vollkornmehl und 39 g Wasser den Vorteig ansetzen und mit 1 EL Sauerteigstarter gut verrühren. Den Leaven leicht warm reifen lassen, bis er sich fast verdoppelt hat, geschätzt 4–5h, je nach Temperatur. Zum Test gibt man ein wenig Leaven in ein Schüsselchen mit Wasser und schaut, ob er er obenauf schwimmt (voller Luft ist). Merke: wer bereits ausreichend viel Sauerteig hat, kann diesen direkt als Leaven nehmen.
- Jetzt 9 g Salz in 240 g Wasser einrühren. Dann den Leaven dazugeben, dann 385 g Mehl “00” und 15 g Weizenkleber dazugeben und alles gut vermengen. Klarsichtfolie darüber, im Raum 1–2h ruhen lassen. Der Teig muss in diesem Schritt nicht wesentlich aufgehen.
- Jetzt 1x vorsichtig Stretch and Fold in der Schüssel und dann den Teig annähernd in eine Ballform bringen. Dann wieder abdecken, und nochmals 1h+ im Raum gehen lassen.
- Jetzt ist der Teig zwar nicht wesentlich aufgegangen, ist aber stabiler geworden. Jetzt den Teig rausnehmen auf eine bemehlte Fläche, dritteln und die einzelnen Drittel vorsichtig per Stretch & Fold in Form bringen und zu Kugeln schleifen. Drei 1-Liter-Tupperschüsseln leicht einölen, die drei Bälle reingeben, schließen, ab in den Kühlschrank.
- Am nächsten Tag ca. 5–6 h vorm Pizzabacken die Teiglinge aus dem Kühlschrank nehmen und auf Raumtemperatur bringen. 2–3 h vorm Backen die Schüsselchen an einem warmen Ort deponieren (Nähe Heizung, Vogeltränkenheizung, Nähe Sonne).
- Pizzaofen vorheizen, in meinem Fall der Effe Uno in der Einstellung oben 500°C / unten 400°C. Ab hier folgt das Backen der Pizzen dem Standardablauf.
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