Heute kommt noch einmal ein Rezept aus Venedig und zwar … Carpaccio!
Nein, nicht Rinder-Carpaccio oder Carpaccio vom Rind. Carpaccio ist immer vom Rind. Der Inhaber von Harry’s Bar in Venedig, Guiseppe Cipriani, hat das rotweiße Rezept nach dem Maler Vittore Carpaccio benannt, weil auch dieser für seine leuchtenden Rot- und Weiß-Töne bekannt war. Ihr Sterneköche da draußen könnt von mir aus gerne Kürbis-Carpaccio oder Zuchini-Carpaccio auf Eure Karten nehmen, weil das besser klingt als „preiswertes, fein aufgeschnittenes Gemüse“. Das ist ein freies Land. Aber Sinn macht es nicht.
Carpaccio ist das bisher einfachste Rezept auf Soulfoodie (dicht gefolgt vom Porridge), aber nach meiner Erfahrung aus einigen Restaurants kann dann doch viel schiefgehen. Carpaccio geht dann schief, wenn man nicht die besten und frischesten Zutaten verwendet, wenn man die Säure (den Zitronensaft) oder den Käse weglässt oder wenn man alles unter Sellerie, Dosenchampignons, Balsamicoreduktion oder unter irgendeiner anderen Sünde begräbt. Pfui!
Für das selbstgemachte Carpaccio frostet man bestes Rinderfilet (zu deutsch: die Lende) kurz an, schneidet es dann mit einem sehr scharfen Messer hauchdünn auf und arrangiert es auf einer Platte. Dann wird es gepfeffert und gesalzen, dann kommt in Harry’s Bar eine selbstgemachte Mayonnaise drüber, bei mir nur Olivenöl und ein Spritzer Zitronensaft. Dann Parmesanspäne, dann optional Rucola. Am Ende gibt man über alles noch einmal etwas Olivenöl, Zitronensaft und Salzflocken. Damit ist das Gericht lecker, gesund und auch noch so schnell gemacht! Dazu? Geröstetes Weißbrot.
Wieder ist das Rezept eher kurz ausgefallen, wieder ist noch Raum für einen Tipp für Venedig-Reisende. Manche sagen, Venedig wäre bei Regenwetter am schönsten. Bei Regen spiegeln sich die Paläste in den Pfützen und den kleinen Seen, das Marode wird noch maroder, die Gassen noch dunkler, alles wird atmosphärischer. Alles sieht dann so stimmungsvoll aus, wie in Nicolas Roegs Wenn die Gondeln Trauer tragen.
Ich finde, dass Venedig in der blauen Stunde genauso schön oder noch schöner ist. Die blaue Stunde ist die Zeit kurz vor Sonnenaufgang oder kurz nach Sonnenuntergang. Dann fehlt auf einmal das direkte, warme Sonnenlicht, aber die Sonne beleuchtet gerade so noch den Himmel, der dann blaues Licht auf die Erde zurückwirft. Alles wird blau und – gemischt mit dem warmen Kunstlicht der Stadt – magisch!
Leider ist diese „Stunde“ je nach Breitengrad und Jahreszeit nur eine halbe Stunde lang oder sogar noch kürzer. Wenn Ihr in dieser Zeit Fotos machen wollt, dann seid gut vorbereitet, rechtzeitig am Start und beeilt Euch.
Eine besonders schöne Szene bietet sich in Venedig dann auf dem Markusplatz. Die Tagesurlauber sind weitergezogen, die Venezianer zu Hause am kochen und der Platz ist auf einmal fast leer. Genießt doch einmal zu dieser Zeit einen Aperol Spritz im Caffè Florian und fragt nicht, was er kostet. Zahlt am besten einfach mit einem großen Schein, schaut nicht auf das Restgeld und lasst beim Weggehen noch ein paar Euro für den netten Service, die feinen Oliven und die Klavieruntermalung liegen. 🙂
Soulfoodie, 10/2020
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